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Start | Mordskunst | Tobias Gohlis über Liza Cody: Eva sieht rot u. Was sie nicht umbringt... | |
Aus der Perspektive des Underdogs Selbstgespäch einer leidenschaftlichen Seele ____ Liza Cody: Was sie nicht umbringt... |
Die Wut der Catcherin Eva Wylie ist stark, so stark, wie viele Frauen gerne wären. Wenn die Catcherin zum Ring runterstampft, brüllen die Kerle, "Du Tier!" und die Frauen: "Potthässliche Schlampe!" Wenn sie dann den Ringrichter über die Seile gepfeffert und ihre Gegnerin per Piledriver "mit dem Kopf unangespitzt in den Boden" gerammt hat, wenn sie von allen Seiten mit Trinkbechern, Hotdogs und Handtaschen eingedeckt wird, dann ist Eva die "Killerqueen von London" und für einen Augenblick glücklich. Eva Wylie ist eine der faszinierendsten Heldinnen der jüngeren Kriminalliteratur. In dem inneren Emanzipationsdiskurs über das Bild der starken Frau markiert sie einen Extremfall. Agatha Christies Miss Marple oder Dorothy Sayers Harriet Vane waren physisch schwach, sexuell passiv, durch und durch ermittelnder Verstand. Die Standardheldin von heute darf schon mal eine Affäre haben, "ohne sich anschließend umbringen zu müssen oder als Verbrecherin dazustehen." (Sara Paretsky). Sie hat es, längst in der männlichen Berufswelt zu etwas gebracht und verdient als Private Eye, Gerichtsmedizinerin oder Detective Sergeant ihre Brötchen. Und im Fernsehen, nicht der Realität, ist die Frauenquote übererfüllt: Da schießen, prügeln und sensibeln die Schönen und Klugen serienweise im Doppelpack. Eva Wylie ist hässlich, stark und keineswegs sehr helle. Aus der Perspektive des Underdogs Selbstgespräch einer leidenschaftlichen Seele Ihre einzige Schwäche ist ihre Gutmütigkeit. Eva: "Ich hab vielleicht ein weiches Herz, aber noch lange keine weiche Birne." Leider doch. Da muss sie nur einer bitten, bei einem Rausschmeißerjob auszuhelfen. Schon fliegt ihr ein Nachtklub um die Ohren, und sie muss sich mitten zwischen den Fronten eines Bandenkriegs ihrer Haut wehren. Prostituierte hasst sie. Schließlich hat Ma sie schlimmer behandelt als ein Tier. Doch kaum bittet Jugendfreundin Crystal sie darum, den Mörder ihrer Schwester zu finden, gerät sie bis zum Hals in ein unüberschaubares Chaos aus Bordellbetrieb, wüsten Vergewaltigern und machistischen Catch-Intrigen (Eva sieht rot). Hier geht es weder um feinsinnige Kombinationen noch um Frauensolidarität. Sondern ums pure Überleben. Von Roman zu Roman: milieugenau, witzig, dank überzeugender Eva-Perspektive ungemein spannend von Liza Cody erzählt und von Regina Rawlinson bravourös übersetzt. Unredigiertes Manuskript, Veröffentlichung in DIE ZEIT Nr. 12 vom 15.3.2001 Siehe auch: Tobias Gohlis über Liza Cody: Gimme more Siehe auch: Tobias Gohlis über Liza Cody: Lady Bag |
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