Tobias Gohlis über Wolf Haas: Das ewige Leben




Unsterblich

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Wolf Haas:
Das ewige Leben

 

 

Frühpensionär Brenner räumt Graz auf

Wolf Haas schrieb seinen letzten Brenner-Krimi als Auftragswerk für die europäische Kulturhauptstadt

Wer schon einmal in der Steiermark und Umgebung war, kennt auch den Bierfilz mit der Reklame „Lustig samma – Puntigamer“. So bekloppt kam dem Werbetexter Haas dieser Spruch vor, dass er in seinem ersten Kriminalroman Auferstehung der Toten (1996) dem Polizisten Simon Brenner eine Herkunft aus Puntigam andichtete. Inzwischen ist Haas als eines der größten Originalgenies der deutschsprachigen Kriminalliteratur berühmt geworden, vor allem für die Kunstsprache, mit der der Erzähler seiner Romane den Leser anplaudert. In der Steiermark ist „Puntigam links“ das Kürzel für das Irrenhaus, und dort, in der Sigmund-Freud-Klinik, die man über die Autobahnabfahrt Puntigam erreicht, liegt der Simon Brenner jetzt mit einer Kugel im Kopf.

Unsterblich
Puntigam ist nämlich ein Stadtteil von Graz, und die Manager der Kulturhauptstadt hätten uns Lesern kein größeres Vergnügen bereiten können als den Wolf Haas zu bitten, seinen letzten, den sechsten, Brenner-Roman just dort, an der Mur, am Arnold-Schwarzenegger-Stadion (auch der ist ein Grazer und wurde eigentlich erst durch den Brenner zum Mister Universum, wie man jetzt erfährt) und hinter dem Ostbahnhof spielen zu lassen, wo die Zigeuner ihre Campingwagen stehen haben. Denn so hat Graz einen Grazroman, der noch gelesen werden wird, wenn die Events von Graz 2003 längst vorbei sind: Ewiges Leben, gewissermaßen. Nur so viel sei verraten: Den Brenner hält es nicht lange in der Klinik. Und wie er, noch dreimal lebensgefährlich verletzt, den Tod seiner alten Freunde aus Polizeischülerzeiten aufklärt, das macht den knurrigen Romantiker unsterblich.


Unredigiertes Manuskript, Veröffentlichung in buchjournal Juni 2003

Siehe auch: Tobias Gohlis über Wolf Haas: Brenner und der liebe Gott

Siehe auch: Tobias Gohlis über Wolf Haas: Brennerova

Siehe auch: Tobias Gohlis über Wolf Haas: Wie die Tiere